… Carl Goldmark inzwischen an einer neuen Oper arbeitet: »Das Libretto, das A.M. Willner zum Autor hat, nimmt seinen Stoff von Shakespeare aus dem ›Wintermärchen‹«, steht am 24. September 1905 in der Neuen Freien Presse, hinter der andere relevante Organe wie das Neue Wiener Tagblatt nicht zurückbleiben.

Aus der Linzer Tagespost vom 1. Oktober erfahren wir überdies den (naheliegenden) Ort der Handlung: »Der jetzt 75jährige Komponist des »Heimchen am Herd« und des »Götz« Karl Goldmark schreibt gegenwärtig an einer neuen Oper, dessen Text wieder sein Librettist Willner, und zwar nach Shakespeares ›Wintermärchen‹ verfaßt. K. Goldmark hält sich derzeit noch in Gmunden auf.«

Höchst bemerkenswert ist die Nachricht, mit der das Prager Tagblatt vom 3. Januar 1907 aufwartet: »Karl Goldmark ist aus Gmunden mit der fertigen Partitur seiner neuen Oper »Ein Wintermärchen« in Wien zu einem längeren Aufenthalte eingetroffen. Der Künstler ist jetzt mit der Ausarbeitung des Klavierauszuges beschäftigt. Die neue Oper soll noch in dieser Saison an einem reichsdeut[sch]en Hoftheater zur Uraufführung gelangen.«

Die Vermutung, es könne sich bei dem letzten, nachträglich hervorgehobenen Satze um eine versteckte Drohung handeln, will sich nicht ganz von der Hand weisen lassen – und das desto weniger, wenn man die Plaudereien im Zwischenakt liest, die die Wiener Sonn- und Montags-Zeitung am 11. März 1907 zu bieten hat: Erfreut wird hier zur Kenntnis genommen, »daß Direktor Mahler sein Pater peccavi gesprochen und reuig zur braven alten Garde zurückgekehrt ist, indem er des alten Goldmark jüngstes Werk ›Ein Wintermärchen‹ für die Hofoper erworben hat. Nachdem er dem Moloch der Modernen erfolglos geopfert hat, der »Moloch« selbst wurde sogar gänzlich geopfert, und er einsah, daß mit den neuen Meistern nur Märchenstücke zu schaffen sind, von denen es heißt: Es war keinmal! griff er endlich nach Goldmark, der uns in der kommenden Saison sein ›Wintermärchen‹ hoffentlich recht oft erzählen wird.«

Mitte Mai veröffentlichen dann verschiedene Zeitungen, darunter der Pester Lloyd vom 17. d.M., daß »der Direktor der Wiener Hofoper Gustav Mahler einer hervorragenden Persönlichkeit gegenüber die Absicht kundgegeben [habe], im Laufe des Herbstes von seiner Stellung in der Hofoper zu scheiden und ausschließlich seiner Thätigkeit als schaffender Künstler zu leben. Mahler will die gegenwärtige Saison abschließen und die nächste Saison vorbereiten. Nach der Première von Goldmark’s »Wintermärchen« will er von der Stätte seines zehnjährigen Wirkens Abschied nehmen. Wie es heißt, wird Mahler auch in Zukunft seinen Wohnsitz in Wien beibehalten und hier an der Spitze eines Orchesters als Konzertdirigent thätig sein.«

Dazu kam es nicht mehr. Als der junge Bruno Walter am 2. Januar 1908 die Uraufführung des Wintermärchens dirigiert, hat Felix von Weingartner, der Edle von Münzberg, die Hofopernzügel in die Hand genommen, und es beginnt eine Geschichte, die vielleicht ein andermal erzählt werden soll. Hier folgen zunächst die zum Teil geradezu kolossal umfangreichen Feuilletons, in denen Max Kalbeck, Julius Korngold und andere bekannte Berichterstatter ihre Ansichten zu Goldmarks Shakespeare-Oper kundgetan haben.

Neues Wiener Tagblatt vom 3. Januar 1908
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Neue Freie Presse vom 4. Jänner 1908
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Neuigkeits-Welt-Blatt vom 4. Jänner 1908
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Allgemeine Sport-Zeitung vom 5. Jänner 1908
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Wiener Sonn- und Montagszeitung vom 6. Januar 1908
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Prager Tagblatt vom 8. Jänner 1908
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Das interessante Blatt vom 9. Jänner 1908
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Der Humorist vom 10. Jänner 1908
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Die Lyra vom 15. Jänner 1908
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Musikalisches Wochenblatt vom 16. Januar 1908
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Ein »Frankfurter Theaterbrief« vom 7. November 1908 sowie zwei Kommentare zu den Brünner Aufführungen (Der Humorist vom 10. Mai 1909 und Musikalisches Wochenblatt vom 29. Juli 1909) sind weniger enthusiastisch. Ich enthalte mich jeglichen Kommentars und empfehle statt dessen, die – allerdings stark gekürzte – Budapester Inszenierung von 2015 aufzurufen, die immerhin anderthalb Stunden Musik zu bieten hat.