Sieben magere Jahre

Der Wiener Premierenerfolg der »Sakuntala« setzte sich bald im ganzen deutschsprachigen Raum und im Ausland fort. Außerdem konnte sich Goldmark über einige Wiederholungen seines »alten« Streichquartetts B-dur op. 8 freuen. Einer besonderen Beliebtheit erfreute sich indes die Suite für Violine und Klavier E-dur op. 11, über deren Omnipräsenz sich die Fachwelt allmählich zu amüsieren begann:

* Der Komponist Goldmark, welcher seit Jahren auf dem hübschen Erfolge seiner »Suite für Klavier und Violine« ausruht (noch erinnern wir uns mit Vergnügen an deren erste Aufführung durch das Fräulein Bettelheim und Hellmesberger) hat, wie so viele Wiener Künstler einen Theil des Sommers im Salzkammergute zugebracht. Ein Freund Goldmark’s, der offenbar wußte, daß dieser ziemlich schreibefaul ist und beispielsweise schon seit Jahren an einem Mosenthal’schen Libretto komponirt, ohne mit dem Werke fertig zu werden, fügte der Meldung der Gmundener Kurliste »Herr Karl Goldmark, Tonkünstler aus Wien« boshaft bei: »Mit seiner Suite!« (Neues Fremden-Blatt vom 4. September 1870)

gmunden_altTatsächlich hatte dasselbe Fremden-Blatt schon vor dreieinhalb Jahren gemeldet, daß »der Kompositeur Herr Karl Goldmark […] an einer dreiaktigen Oper [arbeitet], zu welcher Mosenthal den Text geschrieben hat« (4. Januar 1867) – und diese Meldung wurde in den sieben Jahren nach der Sakuntala zum geflügelten Wort. Zwar ist Goldmark nicht eigentlich untätig, doch was er ans Licht der Öffentlichkeit bringt, sind Kleinigkeiten: einige Liedhefte, das originelle Frühlingsnetz op. 15 für vier Männerstimmen, vier Hörner und Klavier (oder Orchester), etwas Klaviermusik, ferner das revidierte Scherzo e-moll einer etliche Jahre alten, unveröffentlicht gebliebenen Symphonie – und schließlich im November 1874 die »Sonate für Violine und Klavier D-dur« op. 25, deren Premiere der bekannte Musikkritiker und -wissenschaftler August Wilhelm Ambros ausführlich kommentiert.

Bis dahin entdecken wir in der Tagespresse, in einschlägigen Wochenblättern und Journalen immer wieder kleine, aufmunternd-ironische Seitenhiebe auf den Mann, der anscheinend sehr wohl verstand, die schöpferische Stille mit wirksamen Artikeln und Meldungen zu füllen oder zumindest eine Reihe wohlmeinender Autoren für seine Person und sein schmales Œuvre so weit zu interessieren, daß mehrere ausführliche Rezensionen und Portraits erscheinen, die über das Schweigen hinwegtäuschen.

  1. 1
    Portrait mit Portrait (1870)
    Zu den achtbarsten österreichischen Tonsetzern moderner Richtung … weiter
  2. 2
    Unter Laurencins Lupe: Das Streichquartett (1867)
    Wie schon bei seiner ausführlichen Würdigung der »Sakuntala« … weiter
  3. 3
    Das Streichquartett im Vaterland …
    Wie der gräfliche Kollege Dr. Laurencin, so wartet auch »Ed. K«… weiter
  4. 4
    … und in der Presse (1867)
    Als Dritter im Bunde weiß Eduard Schelle … weiter
  5. 5
    Carl Goldmark en suite (1868)
    Die große Popularität der Suite E-dur op. 11 … weiter
  6. 6
    Unter Laurencins Lupe: Einige Klaviermusik (1868)
    Indessen die Musikwelt mit wachsender Ungeduld … weiter
  7. 7
    Schöne Erfolge mit guten Bekannten (1869)
    Der unermüdliche Joseph Hellmesberger setzt auch … weiter
  8. 8
    Das Streichquintett op. 9 im Musikalischen Wochenblatt …
    Für das Jahr 1870 haben sich gleich zwei Fachblätter … weiter
  9. 9
    … und in der Neuen Zeitschrift für Musik (1870)
  10. 10
    Erfolgreicher Pausenfüller: Das »alte« Scherzo (1871)
    Als Carl Goldmark gegen Ende der fünfzige Jahre … weiter
  11. 11
    Endlich was Neues: die Violinsonate (1874)
    Indessen man an der Wiener Hofoper endlich die seit langem … weiter