Die tiefen Saiten des Herrn Vieuxtemps

 

Als Stefan Georges Blätter für die Kunst im Jahre 1892 erstmals erschienen, geschah dies, „um zerstreute noch unbekannte ähnlich gesinnte zu entdecken und anzuwerben“. Der Bratschist Christian Euler, aktiver Musiker und langjähriger Professor in Graz, lässt sich ganz offenbar von demselben Vorsatz leiten: im wahrsten Sinne des Wortes die ganz besonderen, unverwechselbaren Qualitäten seines Instruments herauszustreichen und ihm neue Hörerkreise zu gewinnen, indem er seine eigenen künstlerischen Tugenden ausschließlich in den Dienst solcher Werke stellt, die ihm besonders am Herzen liegen.

Dabei hat er mit dem Pianisten Paul Rivinius einen nicht nur „ähnlichgestimmten“ Partner gefunden, mit dem er sein künstlerisches Konzept voll und ganz verwirklichen kann: „Eulers Bratsche ist wunderbar voll und farbig, sie reicht vom strahlenden Glanz einer Geige bis zu der emotionalen Dichte eines Cellos; der hundert Jahre alte Steinway D von Rivinius ist sauber und klar, ohne den schweren Hall, wie er im Bass der modernen Steinways vorkommt. Euler spielt weich wie Seide, mit einem einnehmenden Legato,“ schwärmte beispielsweise James H. North in der amerikanischen Fanfare über die zweite MDG-Produktion des Duos, die nicht etwa einem der großen Romantiker, sondern – Paul Hindemith, dem einstigen Bürgerschreck, gewidmet war.

In der soeben erschienenen Veröffentlichung setzen sich Euler-Rivinius mit Henri Vieuxtemps auseinander: Allenthalben zeigt der gefeierte Violinvirtuose undgeachtete Komponist, dass für ihn die Bratsche keine „tiefergelegte“ Geige war: Sämtliche Werke von der großen Sonate op. 36 über die eingängige, beliebte Elegie op. 30 bis hin zu der Etüde für Viola und Klavier (op. posth.) sind aus den charakteristischen Regionen des viel=sagenden Instruments geschöpft; sie haben ihren ganz eigenen Gesang, ihre eigene Elastizität und eine so überzeugende Eloquenz, dass wir das Fragment der zweiten, erst posthum publizierten Sonate mit einemgewissen Bedauern hören – die symphonische Breiteder beiden erhaltenen Sätze hätte eine lyrisch-dramatische Fortsetzung unbedingt vertragen.

Weitere Informationen: www.euler-viola.com