Der Lloyd ist live dabei: Bilder von der Festversammlung

Goldmark-Banket.

Die Philharmonische Gesellschaft veranstaltete heute Abends, nach dem Konzerte, in den Speisesälen der Redoute ein Banket zu Ehren ihres gefeierten Gastes Karl Goldmark. Außer den Mitgliedern der Gesellschaft, von denen viele mit ihren Damen erschienen, fanden sich zahlreiche Verehrerinnen und Verehrer des großen Meisters, unter ihnen Graf Albert Apponyi, die Leiter der hiesigen großen Musik-Institute und andere Notabilitäten der Budapester Gesellschaft ein. Meister Goldniark, beim Eintritt mit stürmischem Applaus begrüßt, wurde zum Ehrenplatz geleitet – er kam zwischen Frau Eugen Hubay und Frau Arthur Nikisch zu sitzen – und nach dem zweiten Gange schon eröffnete der Vizepräsident der Philharmonischen Gesellschaft die Reihe der Trinksprüche.

Professor Emerich Meßáros begrüßt Meister Goldmark als eines der Ehrenmitglieder der Philharmonischen Gesellschaft. Goldmark’s diesmalige Anwesenheit zeuge dafür, daß sich in den: großen, von der ganzen Welt bewunderten Meister Genie mit Herz paare. Er sei gekommen, weil das Ergebniß dieses Konzerts dem Witwen- und Waisenfond der Philharmoniker gewidmet gewesen. Alle Anwesenden werden einstimmen, wenn Redner dem großen Meister, dessen köstlichen Schöpfungen man heute zugejubelt, Kraft, Frische und glückliches Leben wünsche. (Stürmische Eljenrufe.) Er leert sein Glas aus Karl Goldmark’s Gesundheit. (Begeisterte Eljenrufe und Applaus.)l

Karl dankt in deutscher Sprache für die Sympathiekundgebungen. Die Sprache seines Vaterlandes habe er zufolge verschiedener Umstände verlernen können, allein die Versicherung müsse er geben, daß er nicht aufgehört habe, ein treuer Sohn seines geliebten Vaterlandes zu sein. (Stürmische Eljenrufe.) Hier
befinde sich das Grab seiner Eltern, hier habe er seine Kindheit verlebt, hier sei er als reifer Mann verstanden worden und diese vielfachen Bande können nie und nimmer zerreißen. (Stürmische Eljenrufe.) Mit inniger Freude sehe er hier die Kunstbegeisterung wachsen, sehe er die Oper, die Musik-Akademie, das Konservatorium, die Quartettgesellschaften, die Philharmonische Gesellschaft in ausgezeichneter Weise wirken. Wo so viel Idealismus herrsche, da brauche hinsichtlich der Zukunft keine Besorgnis gehegt zu werden. Redner wünscht all diesen Faktoren der vaterländischen Kunst, speziell der Philharmonischen Gesellschaft Gedeihen, ihren von Liebe zum Vaterlande erfüllten Mitgliedern Kraft und Gesundheit. (Stürmische langanhaltende Eljenrufe und Applaus.)

Professor Emerich Meßáros bringt den folgenden, an Karl Goldmark gerichteten, Brief des Unterrichtsministers Dr. Julius Wlassics zur Verlesung:

»Sehr geehrter Herr! Da ich zu meinem großen Bedauern verhindert war, bei der durch die Philharmoniker heute zu Ihren Ehren veranstalteten Festlichkeit zu erscheinen, konnte ich auch nicht theilnehmen an jenem wirklichen Genusse, welchen die selbstständigen, starken und doch erhabenen Gedanken des großen Meisters, die glänzende Farbenpracht in der Harmonisirung, seine große Konzeption und sein Styl und sein das Orchester unvergleichlich beherrschendes Genie heute Abends gewährten. Insbesondere aber bedauere ich mein Fernbleiben deshalb, weil ich meine wahre Anerkennung und Huldigung dem Genius des großen Meisters nicht persönlich ausdrücken kann. Empfangen daher Ew. Hochwohlgeboren auf diesem Wege die Aeußerung meiner wahren Achtung und Hochschätzung mit dem Ausdruck der Hoffnung, daß wir noch oft Gelegenheit haben werden, Sie in unserem Kreise zu begrüßen und ihre für die Ewigkeit geschaffenen Werke zu genießen, durch welche Sie unserem Vaterlande und der ganzen Welt zur Zierde gereichen. Dr. Julius Wlassics, köngl. Ungar. Minister für Kultur und Unterricht.« (Stürmische Eljenrufe.)

Prof. Meßáros gedenkt im Anschlusse an den eben verlesenen Brief jener Männer, die in ihrer Eigenschaft als Politiker an der Hebung des Mäcenatenthums wahre Seelenfreude empfinden und läßt den anwesenden Grafen Albert Apponyi hochleben. (Stürmische Eljenrufe und Applaus.)

Graf Albert Apponyi sagt, nirgends thue ihm die Aeußerung der Sympathie wohler als im Künstlerkreise, weil sie dort aus dem wahrsten Gefühle entspringe. Mit Anerkennung gedenkt er des Lebenszeichens, welches der Unterrichtsminister gegeben; es zeuge zumindest dafür, daß man in den Kreisen, die zur Förderung der Kunst in erster Reihe berufen erscheinen, sich für dieser Ziel zu interessiren beginne. Den Philharmonikern gebühre seitens des Publikums die wärmste Anerkennung für die Hebung des musikalischen, kulturellen und nationalen Lebens. Zu Karl Goldmark gewendet, sagt Apponyi sodann (in deutscher Sprache), namens des Publikums drücke er dem Meister Dank und Bewunderung aus. Das Genie schuledet dem Publikum für den gespendeten Beifall keinen Dank. Keine Freude sei so selbstlos wie die des echten Künstlers. Die Goldmark-Tage seien für das Publikum Tage reinster Erhebung gewesen und im Namen dieses genießenden Publikums gibt Redner dem Wunsche Ausdruck, daß Karl Goldmark uns lange erhalten bleibe. (Stürmische Eljenrufe und Applaus.)

Prof. Meßáros bringt das nächste Glas auf das Wohl der Hauptstadt und ihrer Oberhäupter, und speziell auf die Gesundheit des Gönners der Philharmonischen Gesellschaft, Magistratsrath Rozsavölgyi, aus. (Lebhafte Eljenrufe.)

Magistratsrath Julius Rozsavölgyi begrüßt Karl Goldmark namens des hauptstädtischen Munizipiums und trinkt auf das Wohl des berühmten Meisters. (Stürmische Eljenrufe.)

Prof. Meßáros trankt dann als Hausherr auf das Wohl der Gäste, des Künstlers Eugen Hubay, der den Glanz des heutigen Konzerts erhöhte, auf Direktor Bellovics und die Vertreter der Presse.

Professor David Popper, stürmisch zum Sprechen aufgerufen, brachte in einem geistvollen, pointenreichen, mit lautem Beifall aufgenommenen Toaste das Wohl seines zweiten Vaterlandes Ungarn und die Gesundheit Karl Goldmark’s aus. (Lebhafte Eljenrufe und Applaus.)

Die zahlreiche distinguirte Gesellschaft blieb in angeregtester Stimmung bis lange nach Mitternacht beisammen.