… ein sehr schwaches Werk
Im siebenten philharmonischen Konzerte (Sonntag den 13. d.) hörten wir zwei Novitäten. Der einen – Symphonie von Max Bruch in Es – ging aus Deutschland ein so großer Ruf voraus, daß die Philharmoniker wegen der Vorführung derselben gewiß nicht getadelt werden können. Aber der erwartete Erfolg blieb wie gewöhnlich aus, es ist überhaupt was Eigenes um die Aufnahme neuer Instrumentalwerke da draußen »im Reich« – in zwanzig und mehr Gcwandhauskonzerten kann man allenfalls an dem »Musikmachen um jeden Preis« Vergnügen finden und schon die verfluchte Schuldigkeit der Komponisten, regelrecht, orchestergemäß zu schreiben, mit vollen Backen lobend anerkennen; wir in Wien sind seit jeher strenger, legen an die Symphonie einen sehr hohen Maßstab an, nur das wahrhaft Bedeutende pflegen wir auszuzeichnen, wie unter Anderem die Aufnahme der Volkmann’schen D-moII-Symphonie und selbst der Liszt’schen Preludes in der letzten Saison der philharmonischen Konzerte offenbarte. Die in Rede stehende Symphonie von Bruch, die überhaupt, wie sich jetzt herausstellt, stark überschätzt wurde, ist ein sehr schwaches Werk. Einem langweilig-charakterlosen ersten Satze, dem auch der unruhige, aber keineswegs wahrhaft leidenschaftliche Schluß keinen symphonischen Geist einhaucht, folgt ein echt Mendelssohn’sches Scherzo mit einem bombastischen, dabei aber doch nur trivialen Marschtrio. Ein nicht originelles, aber edler gehaltenes Grave leitet zum seichten, theatralischen Finale, dessen erster Eintritt mit den hüpfenden Bässen geradezu komisch klingt. Den fünften Satz (ein Andante) war der Komponist so freundlich, schon dem Gewandhaus-Publikum bei der ersten Aufführung in Leipzig zu erlassen.