Von Mozart bis Debussy: La Harpe à Paris

La harpe à Paris: Unter dieser Überschrift steht die jüngste Aufnahme der Berliner Symphoniker, die deren Chefdirigent Hansjörg Schellenberger soeben auf seinem Label Campanella Musica veröffentlicht hat.

Das klangvolle Motto lässt sich in mannigfacher Weise deuten. Musikhistorisch gibt das vierteilige Programm einen kleinen Ausschnitt aus der unendlichen Geschichte des Harfenspiels – von Wolfgang Amadeus Mozarts Doppelkonzert mit Flöte und dem 1801 gezogenen Seitentrieb des Monsieur François-Adrien Boieldieu, der die Opernbühne unter anderem mit dem Kalifen von Bagdad und der Weißen Dame beglückte, bis zu Claude Debussys Danses sacrée et profane und dem klassizistischen Spätkömmling Opus 154 des greisen Camille Saint-Saëns aus dem Jahre 1918.

Zugleich zieht ein ausgesprochen autobiographischer Ton durch diese Produktion. Denn Margit-Anna Süß, die Solistin der vier Werke, hat in der Seine-Metropole einige der wertvollsten Anregungen empfangen, die man sich für die wahre Kunst, die Harfe zu spielen, nur wünschen kann: Zwei Jahre unterrichtete sie der legendäre Pierre Jamet (1893-1991), der seinerzeit bereits auf die Neunzig zuging und noch immer – so berichtet seine Schülerin heute – mit joie de vivre und äußerstem élan vital in die Saiten griff. Unter anderem, um der jungen Musikerin zu vermitteln, wie er selbst zwei Menschenalter zuvor mit Claude Debussy die Details der beiden »Tänze« für Harfe und Streicher erarbeitet hatte. Dem erlesenen Werk war ein Auftrag der Firma Pleyel voraufgegangen, die die neue »chromatische« Harfe ihres Direktors Gustav Lyon in gebührender Weise bewerben wollte; Jamet indes demonstrierte Debussy die Möglichkeiten der konkurrierenden Doppelpedalharfe aus dem Hause Érard, die sich im Laufe der weiteren Entwicklung durchsetzen konnte, und lernte im Gegenzug, wie die überaus präzisen Vorstellungen des Meisters in die Tat umzusetzen waren.

Da nun Margit-Anna Süß den Geist Debussys aus Jamets Händen empfing, lag es auf der Hand, bei der Neuaufnahme nicht die weitverbreitete Bearbeitung der Harfenistin Henriette Renié (1875-1956), sondern den Urtext der Danses sacrée et profane zu verwenden, der im Herbst dieses Jahres beim G. Henle Verlag herauskommen wird.

Das in dieser Einspielung benutzte Instrument ist natürlich die Doppelpedalharfe, die aus historisch-musikalischen Gründen auch in dem Morceau de Concert zum Einsatz kommt, mit dem Camille Saint-Saëns das letzte Kapitel seiner konzertanten Werke einleitete. Zwar stellt er auch hier hohe solistische Ansprüche, doch sind sie in eine retrospektive Harmonik und eine Melodik eingekleidet, die leicht ein ganzes Jahrhundert könnten vergessen machen …

… und uns somit in die Zeit der schlankeren Einfachpedalharfe zurückführen, die Margit-Anna Süß für die beiden klassischen Kompositionen, in der der Harpe à Paris eine Hauptrolle zukam: in dem mitunter szenisch-eloquenten Opus des Monsieur Boieldieu sowie in dem Konzert für Flöte und Harfe, das Wolfgang Amadeus Mozart während seiner unseligen Reise für den Duc de Guines und dessen Tochter geschrieben hat. Karl-Heinz Schütz, der Soloflötist der Wiener Philharmoniker, und Margit-Anna Süß erfüllen in jeder Hinsicht die historischen Voraussetzungen: weil er »unvergleichlich die flöte spiellt, und sie magnifique die Harpfe; sie hat viell talent, und genie«, wie der Besucher aus Salzburg weiland kommentierte. Die Berliner Symphoniker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Hansjörg Schellenberger tun ein Übriges …

Aktuelle Konzerttermine von Hansjörg Schellenberger

11.12. Berlin Philharmonie
Abonnementskonzert der Berliner Symphoniker
Werke von Peter Tschaikowsky:
Romeo und Julia
Violinkonzert D-dur op. 35
(Solist: Stanislav Pronin)
Symphonie Nr. 6 h-moll op. 74 Pathétique
Dirigent: Hansjörg Schellenberger

18.12. Sachrang
Das »Paradeisspiel«
mit Schauspielern, Sängern und Musik

21.5. Berlin, Philharmonie
Abonnementskonzert der Berliner Symphoniker
Antonín Dvořák: Die Mittagshexe op. 108
Antonin Reicha: Klavierkonzert Es-dur
(Solist: Ivan Ilic)
Antonín Dvořák: Symphonie Nr. 9 e-moll op. 95
»Aus der Neuen Welt«
Berliner Symphoniker
Dirigent: Hansjörg Schellenberger

11.6. Berlin, Philharmonie
Abonnementskonzert der Berliner Symphoniker
Peter Michael Hamel: Symphonie Nr. 6 für Bariton und Orchester
– Uraufführung –
Claude Debussy: Danses sacrées et profanes für Harfe und Streicher
Ludwig van Beethoven: Symphonie Nr. 6 F-dur op. 68 »Pastorale«
Dominik Wörner, Bariton
Serafina Jaffé, Harfe
Berliner Symphoniker
Dirigent: Hansjörg Schellenberger

Weitere Informationen
www.margit-anna-suess.de
www.karlheinzschuetz.com
www.hansjoerg-schellenberger.com
www.berliner-symphoniker.de