Und Janne tanzt …

Die Handlung des Scaramouche ist typischer Jugendstil. Den häßlichen Zwerg gibt’s im Geburtstag der Infantin, den betörenden Musiker unter anderem in Franz Schrekers Spielwerk, die verführerische, unwiderstehliche Macht der magischen Klänge, denen ein willenloses Weib erliegt – das alles sind keine Erfindungen von Poul Knudsen, zu dessen Libretto ein etwas widerstrebender, vertraglich allerdings gebundener Jean Sibelius 1912/13 eine abendfüllende Partitur verfaßte, sondern gängigste Bühnenhandlung einer Zeit, die sich mit künstlerischen Mitteln noch immer gegen den kommenden Untergang wehrte.

Auch die Musik, mit der der Komponist 1922 in Kopenhagen bei der Uraufführung des Bühnenwerkes einen großen Erfolg erringen konnte, ist nicht eigentlich originell. Ihr ganz besonderer, tatsächlich unwiderstehlicher Reiz besteht in dem stimmungsvollen, oft unvermittelten Zusammentreffen zumeist bekannter Elemente, die sich in den symphonischen Werken zu oftmals kosmischer Größe ausdehnen, hier aber, als Begleitung wechselhaftester Tanzszenen, wie in einem noch ungelösten Puzzle beieinander liegen. Mal pulsiert die Pauke wie im Scherzo der ersten Symphonie, dann funkelt etwas wie in der Sechsten, der Siebten oder Tapiola – und gleich entfaltet sich die ganze Faszination des großen Alten aus Järvenpää. Für Dirigenten gibt es freilich nur wenige Phasen, in denen architektonisches Gestaltungsvermögen gefragt ist. Hauptsächlich muß er die feinen, stillen, dafür häufig in ihrer Sparsamkeit desto packenderen Miniaturen ziselieren, ohne darüber in den letztlich verzweifelten Walzern, in dem einschmeichelnd-prickelnden Bolero den ausladenden Melodiker und den raffinierten Tänzer oder gar den symphonischen Meister zu vergessen, den wir in der Schlußszene des Dramas spüren. Daß Leif Segerstam und das Philharmonische Orchester Turku diesen Aufgaben in allen Belangen gewachsen sind, versteht sich. Daß man dem Jubilar zu seinem 150. Geburtstag ein etwas repräsentativeres Booklet hätte gönnen können, sei vermerkt, tut der musikalischen Sache aber keinen Abbruch. Im Gegenteil: Ohne die Kenntnis der Handlung, die sich in dem englischen Augenpulver der Beilage verbirgt, öffnet uns Scaramouche einen Blick in die Werkstatt eines Mannes, der mit den kleinsten Gesten größte Bewegungen und Erschütterungen auszulösen wußte. Und das macht den tieferen Wert dieser Produktion aus.

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