Geistreiche Gespräche eines Akkordarbeiters

Sechs Opern, bald ein Dutzend Symphonien, etliche Konzerte und andere Orchesterwerke sowie eine schwindelerregende Menge an Klaviermusik: Man mag sich gar nicht vorstellen, mit welch primatengleicher Behendigkeit Josef Joachim Raff seine Noten zu Papier, zum Druck und zur Aufführung gebracht hat und wie oft er wohl trotz seiner hohen handwerklichen Rüstigkeit die allerletzten Qualitätskriterien zumindest vorläufig mißachtete, um nur wieder etwas zu dem baren Gelde zu machen, ohne das selbst das größte Genie seine Miete nicht wird zahlen können.

Während wir deshalb gerade in Raffs zyklischen Werken des öfteren über eine Demarkationslinie zwischen überaus gelungenen, zündenden Sätzen und pflichtbewußt dahintrudelnden Gebilden stolpern, zeichnen sich die insgesamt acht gedruckten Streichquartette durch ein derart hohes Niveau aus, daß man nicht anstehen wird, ihnen trotz ihrer gewissermaßen eklektizistischen Anflüge den Lorbeerkranz wahrer »Größe« zu verleihen: Wie der fleißige Musikproduzent hier die Konsequenzen aus der Historie zieht; wie er mit künstlichsten Tonsatzexperimenten bis in die Bewältigung der barocken Vergangenheit vordringt; und wie der sonst gern einmal etwas bieder anmutende Mann aus der Schweiz seine dramatischen Muskeln spielen läßt, ohne sich je als Erzmelodiker zu verleugnen – das überzeugt vom ersten bis zum letzten Takt.

Das Mannheimer Streichquartett hat mit diesem Doppelalbum bereits drei Viertel der geplanten Gesamtaufnahme realisiert und bewegt sich wie in der ersten Folge (mit den Quartetten Nr. 6 und 7) mit höchstem Engagement durch die exquisiten Partituren, die einem – auch das ein ernstzunehmendes Qualitätskriterium – desto lieber werden, je länger und intensiver man sie hört. Bleibt zu hoffen, daß cpo den erfreulichen Zyklus recht bald zu Nutz und Frommen der Kammermusik komplettiert.hinterstich-1_klein