Das Linos Ensemble & der Verein für musikalische Privataufführungen
Irgendwann hatten Arnold Schönberg und sein Kreis einfach genug von den Ausfälligkeiten der Presse, von Watschenkonzerten und tobenden Musikdirektoren. Das Ende dieser künstlerischen Leidensfähigkeit führte unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg zur Gründung eines einzigartigen »Vereins für musikalische Privataufführungen«, der gewiß noch skandalöser hätte werden können als die bis dahin eher sporadisch gewesenen Wiener Konfrontationen mit Neuer Musik – wenn nicht Schönberg, der eigentliche Kopf der Initiative, durch seine strikte Satzung jedwede Zustimmung, Ablehnung und Berichterstattung untersagt hätte.
Man wollte informieren, wollte »Künstlern und Kunstfreunden eine wirkliche und genaue Kenntnis moderner Musik verschaffen« und tat es weidlich. Die zahlenden Mitglieder erlebten im Laufe des dreijährigen Vereinsbestehens beinahe 120 Konzerte mit rund 150 neuen Werken, die angesichts der eingeschränkten, gewiß aber nicht beschränkten Mittel vielfach in speziellen Arrangements zu hören waren: Durch geschickte Einrichtung war es möglich, über die Grenzen der Kammermusik hinaus die aktuellsten Gegenwartsschöpfungen zur Diskussion zu stellen.
Als eine wahre Fundgrube hat sich das hinterlassene »Privatmaterial« des Vereins für das Linos Ensemble erwiesen, das Dank seiner flexibel changierenden Besetzungen vom Trio bis zum Nonett praktisch alles hätte aufführen und aufnehmen können, was man vor rund neunzig Jahren im ausgewählten Kreis präsentierte. Das Linos Ensemble hat im Laufe der Jahre vier CD-Einspielungen dieser Konzerte veröffentlicht und nun geht es mit der Serie weiter.
Dieses Mal steht ein Skandalstück erster Güte im Mittelpunkt: Alban Bergs Lieder op. 4 nach Postkartentexten von Peter Altenberg, einer jener legendären Kreationen, bei deren öffentlicher Aufführung es 1913 zu den schönsten Handgreiflichkeiten gekommen war. In Erinnerung an diesen nunmehr einhundert Jahre alten Skandal hat der 1946 geborene Däne Diderik Wagenaar die bahnbrechenden Impressionismen nach der Façon der Wiener Schule für Mezzosopran und Kammerensemble eingerichtet. Gewissermaßen generationenübergreifend ist anschließend auch das »Privat-Arrangement« der Kindertotenlieder von Gustav Mahler, für das neben Arnold Schönberg der 1941 geborene Rainer Riehn verantwortlich zeichnet. Im Zentrum des Programms steht Alban Bergs Violinkonzert, dessen kammermusikalische Bearbeitung der bekannte Arrangeur Andreas N. Tarkmann beisteuerte.
Über die weiteren Veröffentlichungen der Reihe werden wir Sie regelmäßig informieren. Die Inhalte der einzelnen CDs hingegen verraten wir erst, wenn die Produktionen vorliegen – ganz im Sinne des privaten Vereinsvorstands, der die aktuellen Programme nie vorab bekanntgab, um so für ein gleichbleibend hohes Interesse zu sorgen.
Weitere Informationen: www.linos-ensemble.de