… geschmückt mit der magyarischen Synkope

»In Italien« hieß die vorjährige neue Ouvertüre Goldmarks; »In Ungarn« könnte sein neues Orchesterwerk überschrieben sein. Der Komponist weist allerdings unserer Phantasie noch bestimmtere Richtung an, indem er sein Werk »Zrinyi« betitelt. Doch hat Goldmark offenbar die Geschicke des ungarisch en Nationalhelden nicht im einzelnen nachdichten wollen. Sein »symphonisches Tonstück« bringt farbenprächtige Musik von diskret nationaler Färbung mit einem heroischen Einschlag. So wird denn nicht die kleinste Türkenschlacht in »Zrinyi« geliefert, nicht einmal die Pulverkammern von Szigeth, der von Zrinyi so heldenmütig verteidigten Festung, fliegen ordentlich in die Luft. Getragene Adagiothemen, geschmückt mit der magyarischen Synkope, wecken ganz allgemein irgend eine feierliche Vorstellung. Kriegerisches Heldentum meldet sich dann im Allegro mit seinen waffenklirrenden Septimen- und Nonenschritten über rasselnden Sextakkordfolgen. Es fehlt nicht an melodischen Einfällen in Goldmarks neuem Werke, aber vielleicht an der vollen symphonischen Verwertung der Gedanken. Das führt auch zu einem Abschlusse, der mehr ein rauschender, effektvoller Anhang, als eine organische Krönung ist. Die Erklärung ist bald gefunden: »Zrinyi« ist ein Gelegenheitswerk zu festlichem Zwecke, wenn wir nicht irren, anläßlich des Jubiläums der Budapester Philharmonischen Gesellschaft geschrieben. Erstaunlich bleiben der Elan, die rhythmische Frische des Werkes, in welchem die Goldmarksche Orchesterfarbe so leuchtend glänzt wie zuvor. Das Publikum ergriff den erwünschten Anlaß, dem verehrten Meister zu huldigen. Goldmark wurde in der Direktionsloge aufgespürt und durch den stürmischen Beifall auf das Podium gerufen. Philharmoniker und Dirigent, Herr Felix Mottl, applaudierten mit; ihnen selbst fällt ein erheblicher Anteil zu an dem Erfolge.
(Neue Freie Presse vom 6. Februar 1905)