Der Zug der Gratulanten

Tagesneuigkeiten
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Der 80. Geburtstag Karl Goldmarks

Anläßlich des 80. Geburtstages Goldmarks richtete der Unterrichtsminister Graf Stürgkh an den Maestro folgendes Gratulationsschreiben: »Euer Hochwohlgeboren! Mit berechtigtem Stolze blicken Euer Hochwohlgeboren an dem heutigen Tage auf ein langes und arbeitsreiches Leben voll der schönsten Erfolge zurück, die von der dankbaren Teilnahme des durch Ihre Schöpfungen begeisterten Publikums und der Bewunderung aller Kenner und Schützer edler Tonkunst beredtes Zeugnis geben. In rühmenswerter Treue gegen sich selbst und Ihre Ideale sind Sie auf Ihrer Bahn immer höher emporgestiegen und gelten heute in allen Lagern als ein Vorbild wahrer musikalischer Meisterschaft.

Karl von Stürghk

Ich bitte Euer Hochwohlgeboren, meine allerwärmsten Glückwünsche entgegenzunehmen, mit denen ich den Ausdruck der Hoffnung verbinde, daß es Ihnen noch viele Jahre vergönnt sein möge, sich Ihrer ungebrochenen Schaffenskraft und Ihres verdienten Ruhmes zu erfreuen. – Mit der Versicherung meiner vorzüglichsten Hochachtung und Verehrung Euer Hochwohlgeboren ergebener Stürgkh

Sehr lebhaft ging es während des ganzen Vormittags in der in einen Blumenhain verwandelten Wohnung des Jubilars zu. Es hatten sich zur persönlichen Beglückwünschung unter anderen eingefunden: Von seiten der Gesellschaft der Musikfreunde der Präsident Hofrat v. Koch mit dem Vizepräsidenten von Regenhardt-Zabory und dem Generalsekretär v. Perger. Als Sprecher fungierte Hofrat v. Koch, der Goldmark namens der Gesellschaft ein prächtiges Aquarell vom Maler Stelzer. darstellend eine Szene aus Goldmarks großer Oper »Die Königin von Saba«, überreichte. Unter dem Bilde befinden sich die Unterschriften sämtlicher Direktionsmitglieder. Hofoperndirektor von Weingartner überreichte mit einem Glückwunsche einen frischen Blumenstrauß; der Wiener Tonkünstlerverein war durch die Herren Wilhelm Bopp und Schriftführer Richard Specht vertreten; der Verein jüdischer Denkmäler durch die Herren Hofrat Politzer und Alfred Grünfeld; der österreichisch-ungarische Kantorenverein in Wien durch die Oberkantoren kaiserlichen Rat Josef Singer, Vizepräsidenten J. Bauer, Kantor J. Löwit und mehrere andere Vorstandsmitgliedern; der Wiener Männergesangverein durch seinen Vorstand Dr. Krükl; die Autorengesellschaft durch kaiserlichen Rat Weinberger, Hofballmusikdirektor Ziehrer, kaiserlichen Rat Benjamin Schier und Heinrich Reinhardt. Von seiten der Wiener israelitischen Kultusgemeinde wurde dem Jubilar durch einen Vertreter eine geschmackvollst ausgestattete Glückwunschadresse überreicht.

Es gratulierten ferner persönlich die Professoren Julius Epstein, Grün und Bachrich, die Witwe nach dem verstorbenen Komponisten Ignaz Brüll, Frau Marie Brüll, Professor Doktor Strisower &c.

Telegraphische und schriftliche Gratulationen liefen in überaus großer Zahl, darunter auch aus Amerika, ein. Es seien aus der Menge derselben in bunter Reihenfolge genannt: Generalintendant der Hoftheater Graf Hülsen (Berlin), der Präsident Dr. Josef Unger und Frau, Stadtgemeinde Keßthely (Geburtsort), Kurkommission und Gemeinde in Gmunden, Stadtorchester Gmunden, Brunnenklub Gmunden, Musikdirektor der Herzogin von Cumberland Heß (Gmunden), die Gmundener Whistpartie (unterzeichnet vom kaiserlichen Rat Dr. Wolfsgruber, Dr. Fuchs und Dr. Luther), Professor Dr. G. Adler, Frau Johann Strauß, Männergesangverein in Salzburg, Richard Heuberger, Ehrenchormeister Ed. Kremser, Frau Helene Bettelheim-Gabillon, Richard und Marie Kralik, Professor A. V. Frisch, Udel, Professor S. de Lange (Stuttgart), die Mitglieder des Tonkünstlerorchesters, der New-Yorker Musikverein, Geheimrat Johann Freiherr v. Chlumecky, Hofrat Professor Wilh. Winternitz, Bürgermeister Dr. Nik. v. Schwarz (Oedenburg), Direktor Chavanne, Hofkapellmeister Luze, Kurkapelle in Marienbad, Hertzogliche Hofkapelle (Braunschweig), Olga und Eugen Müller v. Aichholz, Hermann Winkelmann, Kurorchester der Stadt Homburg, Professor Dr. Landesberger, Hofrat Professor v. Gomperz, Baronin Risa und Helene von Besque, die Wiener Philharmoniker, Verein »Haydn«, Oskar Straus, Hofopernsänger Stehmann, Artur Nikisch und Frau (Leipzig), Ferdinand Löwe und Frau, Direktor S. Lautenburg (Berlin), Kapellmeister F. Karbach (des städtischen Theaterorchesters in Mainz), Wilhelm Kienzl, Quartett Fitzner, Geheimer Rat Max Bachur des Hamburger Stadttheaters, Komponisten Ed. Schütt und Theodor Kretschmann, königlich sächsische Hofkapelle (Dresden), Verleger Kistner und Felix Siegel (Leipzig), Gräfin Anna Amadei, Brünner Musikverein, die Professoren Hugo Reinhold und Ed. Schiff, Julius Nilius und andere.

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Bei der gestrigen Erstaufführung der Oper »Götz von Berlichingen« in der Hofoper war Goldmark Gegenstand lebhaftester und wärmster Ovationen. Der greise Komponist mußte etwa dreißigmal vor dem Vorhang erscheinen und erhielt drei prächtige Lorbeerkränze. Zum Schluß hielt der Jubilar eine Ansprache an das Publikum, in der er in launigen Worten zur Feier seines neunzigsten Geburtstages einlud.
(Neues Wiener Journal vom 19. Mai 1910)