Goldmark ist 80: Wr. Bilder 18.5.1910

Karl Goldmark.
(Mit Porträt.)

Wien, die Musikstadt par excellence, die gesamte Musiker- und musikliebende Welt, feierte am 18. d. M. den 80. Geburtstag Karl Goldmarks, dessen Wirken mit goldenen Lettern in der Geschichte der Tonkunst für alle Zeiten verzeichnet sein wird.

Goldmark ist kein Greis. Trotz seines hohen Alters schafft er in unverwüstlicher Kraft Werke, welche die Bewunderung der Zeitgenossen erregen. Karl Goldmark ist ein geborener Ungar. Im Keszthely stand seine Wiege, in jener kleinen ungarischen Stadt hatte er als der Sohn eines mit Kindern reich gesegneten Kantors das Licht der Welt erblickt. Aus Ungarn ist Goldmark nach Wien gekommen, wo er seine musikalische Ausbildung genoß, in Wien saß er im Orchester des Carl-Theaters. Die künstlerische Bedeutung Goldmarks brauchen wir wohl nicht ausführlich zu würdigen. Die Schöpfungen dieses Mannes sind Gemeingut der Nation geworden. So lange es musikliebende Menschen geben wird, werden sie sich an Goldmarks Liedern erfreuen, werden sie mit Entzücken seinen unvergänglichen Werken lauschen, seiner Ouvertüre zu »Sakuntala«, »Penthesilea«, nicht minder seinen Operndichtungen, unter denen die »Königin von Saba« die erste Stelle einnimmt. Als hoher Siebziger hat Goldmark Goethes »Götz von Berlichingen« in Musik gesetzt, und dieses Werk hat man unlängst in der Hofoper zur Aufführung gebracht, mit Weidemann als Götz, Lucie Weidt als Adelheid, Josef Schwarz als Weislingen, Hubert Leuer als Georg [recte: Franz], und Paula Windhäuser als Maria. Zu seinem 80. Geburtstag war Karl Goldmark Gegenstand großartiger Sympathiekundgebungen. Aus allen Windrichtungen sind ihm Glückwünsche zugeflattert und auch die Redaktion der »Wiener Bilder« gratuliert dem greisen Künstler und Meister zu seinem Ehrentage aufs herzlichste. (Wiener Bilder vom 18. Mai 1910)