Immer wieder im Visier: Gustav Mahler


[Falsche Gerüchte über Director Mahler.] Aus Berlin wird uns telegraphirt: Der »Local-Anzeiger« berichtet: Direktor Mahler vom Wiener Hofoperntheater soll, so wurde in einigen Zeitungen gemeldet, mit Herrn General-Intendanten v. Hülsen wegen Uebernahme einer leitenden Stellung im königlichen Opernhause unterhandelt haben. Jede darauf bezügliche Nachricht entbehrt aber der Beg[r]ündung. Die Thatsache, daß zur Zeit der Kaiserfestspiele in Wiesbaden Director Mahler in dem benachbarten Frankfurt weilte, um einer Aufführung von Goldmark’s Oper »Götz von Berlichingen« beizuwohnen, dürfte diese Gerüchte verursacht haben. (Neue Freie Presse vom 17. 6. 1903)

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Plaudereien im Zwischenakt.
XX.

[…]

Warum ereifern Sie sich denn gar so sehr, Doctor? Undank ist doch immer der Welt Lohn.

– Das weiß ich auch nur zu gut. Sehen wir doch Tag für Tag allenthalben nene Beweise dafür; selbst die Leiter der ersten Bühnen gehen darin mit bösem Beispiel voran. Wie anders wäre es sonst zu erklären, daß Director Mahler einen Carl Goldmark, dem man die »Königin von Saba«, das »Heimchen am Herd« und Anderes verdankt, durch mehr als zwei Jahre mit seinem »Götz« hinzieht und nun glücklich so weit hält, daß man die Nichtaufführung für gesichert annehmen darf! Ein ehrliches Nein! wäre künstlerisch zu rechtfertigen und wäre bald verwunden gewesen, aber das ewige Zaudern und Hinziehen, eine zweite und dritte »Bohème« – pardon, die eine davon heißt »Luise« – zu bringen und ein Werk eines Goldmark auf die lange Bank zu schieben, das zeigt [zeugt] von wenig Muth, dafür aber von sehr viel Bedenken; vielleicht etwa jenes, daß Goldmark ein lebender Jude und der arme Hugo Wolf, der nun endlich doch an die Reihe kommt, ein todter Christ ist!

Auch ich habe darüber schon manchen Kopf schütteln gesehen.

– Leider nicht den eigensinnigen Kopf Director Mahlers! Dem greisen Goldmark wird es vielleicht noch so ergehen, daß er sein Werk bruchstückweise im Concertsaal wird vorführen müssen, um es für Wien nicht ganz verloren zu geben! Auf ähnliche Art bringt sich die Tragödin Marie Pospischil, die einst aus dem Burgtheater hinausgegrault wurde, den Wienern ebens wieder in Erinnerung, indem sie Vorträge über Goethe hält und den Herren am Franzensring geistvoll den »Faust« zeigt, nachdem man ihr früher förmlich gewaltsam die Faust gezeigt hatte. Ein Theater-Fex.
(Wiener Sonn- und Montagszeitung vom 1. Februar 1904)