»Nur« eine Panne im Telegraphenamt ?

Die Erstaufführung von Goldmark’s »Götz« in Budapest.
(Privat-Telegramm des »Neuen Wiener Journal«.)
Budapest, 16. December.

Im königlichen Opernhause zu Budapest wurde heute Goldmark’s neue Oper »Scenen aus Götz von Berlichingen« zum erstenmale gegeben. Goldmark war selbst anwesend, und man erhoffte sich einen stürmischen Erfolg. Derselbe stellte sich jedoch nicht ein.

Das ungarische Publicum, das Goethes »Götz« nie auf der Bühne gesehen hat, schien die Handlung zu befremden. Die große Scene der Adelheid, die mit der Erwürgung Adelheids durch den Fehmrichter endet, stieß sogar ab.

Die Musik Goldmark’s birgt große Schönheiten. Besonders im zweiten und dritten Act. Der musikalische Höhepunkt ist die Scene zwischen Götz und den Kaufleuten, zu der Goldmark seine wärmste Musik gefunden hat. Die Ausführung unter Director Mader’s Leitung ist nur theilweise zu loben. Besonders Herr Takats, der den Götz sang, und Frau Kramer als Adelheid leisteten Vorzügliches.

Das Werk Goldmark’s hatte nur in der ersten Hälfte einen entschiedenen Erfolg, den stärksten nach der rührenden Scene zwischen Götz und den Kaufleuten. So oft Goldmark erschien, wurde er mit einem Sturm des Beifalls empfangen, doch hat dieser Beifall in erster Linie seiner Person gegolten. Goldmark, der kein Wort ungarisch versteht und, wie die Wahl dieses Librettos beweist, ganz in deutscher Bildung groß geworden ist, gilt hier als Nationalungar, und wen er statt des Götz einen »Huniady Laszlo« componirt hätte, würde des Jubels kein Ende gewesen sein. (Neues Wiener Journal vom 17. Dezember 1902)

Am nächsten Tag kommt die Korrektur

* Im gestrigen Telegramme über die Premiere des Goldmark’schen »Götz« soll es statt: »das Werk hatte nur in der ersten Hälfte einen entschiedenen Erfolg« richtig heißen: »das Werk hatte in der ersten Hälfte einen entschiedenen Erfolg«. Ein bedauerlicher Irrthum in der Auffassung des Telegramms hat die Einfügung des Wörtchens »nur« verschuldet. (Neues Wiener Journal vom 18. Dezember 1902)