… mit stürmischem Beifall aufgenommen
Beachtung verdient vor Allem das dritte (ordentliche) Philharmonische Concert, welches seine Besucher mit drei ihnen noch fremden Werken überraschte. Novitäten im engeren Sinne waren darunter freilich nur zwei: Nicode’s Symphonische Variationen (bekanntlich zuerst 1886 bei der Tonkünstlerversammlung in Sondershausen aufgeführt) und Goldmark’s Concertouverture »Im Frühling«. Letztere wurde mit stürmischem Beifall aufgenommen und verschaffte dem anwesenden Componisten dreimaligen Hervorruf. Für ihre geschickte Mache, namentlich die glänzende Instrumentirung hat diese neueste Frühlings-Ouverture ihren Erfolg redlich verdient, wenn man auch den Tongedanken und deren Entwickelung keine besondere Neuheit zusprechen kann. So erinnert der jubelnde Anfang auffallend an jenen der aus gleicher Tonart gehenden A dur-Symphonie von Mendelssohn, nur dass aus dem charakteristischen Terzensprung des Vorbildes ein ebenso rhythmisirter Quartensprung, aus der 6/8-Begleitung der Bässe 9/8 werden. Auch mit dem ersten Satz von Goldmark’s eigener Es dur-Symphonie zeigt seine Frühlings-Ouverture eine gewisse Verwandtschaft, das Intervall der absteigenden Quarte spielt da wie dort motivisch eine Hauptrolle, und die den äusseren Erfolg entscheidende Schlussstelle kommt beiderseits etwas unvermittelt. Ziemlich verlegen stand oder sass – je nach den gewählten Plätzen – die philharmonische Hörerschaft den Nicode’schen Variationen gegenüber. Dieses sich hauptsächlich aus der Haute-finance recrutirende Publicum befand sich in der unangenehmen Lage einer doppelten Unklarheit: erstlich, ob ihm die Variationen gefallen hätten, und zweitens, ob sie ihm als die Arbeit eines in Wien gänzlich unbekannten Neulings überhaupt – gefallen dürften.