Neue Freie Presse vom 19. Januar 1915
Ein Besuch bei Herzog Ernst August und Herzogin Thyra von Cumberland im Gmundener Verwundetenhospital.
Wien, 13. Januar.
Herzog Ernst August von Cumberland und Herzogin Thyra von Cumberland, die, wie bekannt, seit vielen Jahren in Gmunden wohnen, haben bei Ausbruch des Krieges ein Heim für Verwundete geschaffen, das von der hochherzigen Gesinnung des Herzogspaares beredtes Zeugnis gibt …
… Im Verlaufe der Konversation wird auch von Karl Goldmark gesprochen, der ja viele Jahre in Gmunden gelebt hat. »Goldmark war ein prächtiger, alter Herr,« äußert der Herzog, »nur zu bescheiden und ein wenig menschenscheu. Er ist auch in unser Haus gekommen, aber es dauerte viele Jahre, bis wir ihn, den wir so verehrten, zu einem Besuche bewegen konnten. Wir haben sozusagen,« ergänzt der Herzog scherzend, »die Zange ansetzen müssen, um ihn zu uns zu bekommen. Johannes Brahms und Joachim verkehrten viele Jahre bei uns, und da wir Goldmark einmal sagen ließen, daß Joachim hier sei, entschloß er sich endlich, zu kommen. Goldmark war ein Mensch, der in seiner Lebensführung völlig anspruchslos war. Jahrelang hat er in Gmunden – wie mir erzählt wurde – ein Zimmer bewohnt, das sich oberhalb eines Eiskellers befand, und damit er die Kälte nicht zu sehr empfinde, hüllte er die Füße stets in eine Decke. Sein Freund Miller v. Aichholz schaffte nun für den Komponisten einen Fußteppich ein, den aber Goldmark zusammengerollt liegen ließ und später seiner Tochter zum Geschenk gemacht hat!«