Goldmark: Mährisches Volksblatt vom 4. Jänner 1915
Vom Tage.
(Karl Goldmark gestorben.) In Wien ist am 2. d. M. nachmittags der Komponist Karl Gold mark gestorben. Der Tod erfolgte sanft. Goldmark war erst vor vier Wochen von seinem Sommersitz in Gmunden heimgekehrt, wo er im Herbst ein Klavierquintett vollendet und einige Skizzen zu einer neuen Oper geschrieben hatte. Karl Goldmark wurde am 18. Mai 1830 in Keßthely geboren. Seine erste musikalische Ausbildung erhielt er am Ödenburger Konservatorium. Im Jahre 1844 kam er nach Wien, wo er sich unter Jansen’s [!] Leitung bildete. Von 1847 bis 1848 besuchte er das Wiener Konservatorium, und als diese Stätte wegen der kriegerischen Ereignisse geschlossen wurde, setzte er seine Studien als Autodidakt fort. Im Jahre 1857 trat er in einem eigenen Konzert mit einer Anzahl beifällig aufgenommener Aebeiten vor die Öffentlichkeit. Im Jahre 1858 übersiedelte er nach der ungarischen Hauptstadt, kehrte aber, nachdem seine Ouvertüre »Sakuntala« in den weitesten Kreisen Beifall gefunden hatte, nach Wien zurück, wo er seinen ständigen Wohnsitz aufschlug. Hier gelangte 1875 im Hofoperntheatcr seine erste und erfolgreichste Oper »Die Königin von Saba«, dank der Intervention Franz Lißt’s und des Grafen Julius Andrássy des Älteren, zur Aufführung. Auf der Bühne des Budapcster Nationaltheaters wurde diese Oper zum ersten Male am 16. März 1876 aufgeführt. Die hundertste Aufführung fand im Opernhause am 21. Februar 1897 unter der persönlichen Leitung Goldmark’s statt. Seine bedeutendsten musikalischen Schöpfungen sind »Merlin, »Das Heimchen am Herd«, »Die Kriegsgefangenen« [!] und »Götz von Berlichingen«. Von seinen übrigen Arbeiten haben namentlich die Symphonien »Ländliche Hochzeit« und in Es-dur die Ouvertüren »Prometheus«, »Im Frühling« und »Penthesilea«, sowie einige Chorkompositionen (»Frühlingsnetz« für Männerchor, Klavier und vier Hörner, »Frühlingsszenen« für Altsolo, Chor und Orchester), ein Streichquartett, eine Suite für Klavier und Violine, ein Klavierquintett und zwei Violinkonzerte [!] Verbreitung erlangt.
(Mährisches Volksblatt vom 4. Januar 1915)