Goldmark und »Das Heimchen am Herd«

»Alle guten Dinge sind drei.« Von den drei guten Opern, die Goldmark geschrieben, ist aber die jüngste die beste oder wenigstens die bestaufgenommene. Der helle Jubel, der ihr entgegenschallt, übertönt das Gezirp mißgünstiger Grillenfänger und klingt dem gefeierten Komponisten als schönste Musik in die Ohren. Ein Heimchen am Herd bedeutet in England Glück. Dieser Volksglaube hat sich auch bei uns bewährt und wird sich überall bewähren, wo Goldmarks »Heimchen« einkehrt. Es wird die Opernhäuser füllen und ein Füllhorn klingender und rauschender Schätze über des Autors Haupt entleeren. Ob das personificirte »Heimchen« aber überall so »bezaubernd« aussehen wird, wie Frau Forster, seine hiesige Interpretin, ist freilich die Frage. Sie braucht auch nicht beantwortet zu werden … In Wien hat das Heimchen viele Glückliche geschaffen: Den Componisten, den Librettisten, die Direction, die Sänger und Sängerinnen. Nur das Opernorchester ist gebeugt. Die Geiger sind ob der schnellen Läufe, die sie zu bewältigen haben, förmlich niedergebrochen. Nun, die Herren mögen sich trösten. Je tiefer ihre Ermüdung wirkt, desto höher’steigt ihr Ruhm. Goldmark, der einst selbst als Geiger im Opernorchester saß, wußte, daß er für ausgezeichnete Kräfte schrieb. Diese Kräfte werden sich bald wieder gefunden haben und dann selbst mit einstimmen in den allgemeinen Ruf: Bravo Goldmark! Da capo!
(Der Floh vom 29. März 1896(