Elly Ney: Lebenslauf

Elly Ney (27.9.1882 – 31.3.1968) gehört zu den großen Instrumentalisten des vergangenen Jahrhunderts. Die geborene Düsseldorferin wuchs in einem musischen Elternhaus in Bonn auf und wurde seit 1892 nacheinander Schülerin von Franz Wüllner und Isidor Seiß in Köln, von Theodor Leschititzky und Emil von Sauer in Wien und steht somit als »Enkelschülerin« in der Nachfolge von Franz Liszt. 1904 begann sie ihre erfolgreiche Konzerttätigkeit, die sie bald durch ganz Europa führte.

Schnell wurde sie zur bekanntesten deutschen Pianistin, die bereits nach dem 1. Weltkrieg zu Weltruf gelangte. Nachdem sie anfangs als Solistin gereist war, konzertierte sie später auch mit namhaften Trio-Partnern wie dem Geiger Willem van Hoogstraten, den sie während ihrer Lehrtätigkeit am Kölner Konversatorium 1907 kennengelernt hatte, und dem Cellisten Fritz Reitz. 1911 heiratete sie den holländischen Geiger und später international bekannten Dirigenten Willem van Hoogstraten. Gemeinsam gingen beide 1921 nach Amerika, wo sie ein Brahms-Gedächtniskonzert mit dem New York Philharmonic gaben. Daraus resultierte, daß Willem van Hoogstraten für die folgenden Sommerspielzeiten als Dirigent der Philharmoniker engagiert und in den Wintermonaten ständiger Dirigent des Symphonieorchesters der Universitätsstadt Portland/Oregon wurde. So waren Elly Ney und Willem van Hoogstraten immer auf Reisen. Ihr Ruhepol aber blieb Deutschland, wo sie sich später in Tutzing am Starnberger See niederließen. Von dort aus unternahm Elly Ney auch ihre weltweiten Konzertreisen.

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Elly Ney und ihr Ehemann, der Dirigent Willem van Hoogstraten (Foto: © Weiss)


 
1931 lernte Elly Ney den jungen Cellisten Ludwig Hoelscher kennen und gründete zusammen mit ihm und dem Geiger Wilhelm Stroß erneut ein Klaviertrio, dem später auch der Geiger Max Strub angehörte. 1939 – 1945 lehrte sie am Salzburger Mozarteum.

Das Klavierspiel von Elly Ney war weltweit bekannt durch exzessives Temperament verbunden mit Esprit; wie einst die berühmte argentinische Pianistin Teresa Careño vermochte sie das von Haus aus spröde Klavier zum Singen zu bringen; ihre brillante klavieristische Technik vor allem das Legato-Oktavenspiel im Pianissimo wurde in vielen Kritiken bezeugt: Winckelmanns Worte von der edlen Einfalt und stillen Größe strahlten auf, wenn in der zweiten Lebenshälfte bis zu ihrem Tode die dann als große alte Dame des Klaviers Gefeierte mit zunehmend durchgeistigter und altersreif abgeklärter Interpretation ihr Publikum begeisterte, wobei ihr Werktreue und technische Virtuosität stets selbstverständliche Voraussetzung waren.

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Elly Ney mit ihrer Tochter Eleonore van Hoogstraten © Ulrike Schreiber

 
Während Elly Ney in jungen Jahren auch damals zeitgenössische Werke spielte, interpretierte sie später fast ausschließlich Mozart, Schubert, Schumann, Mendelssohn und Brahms. Als Brahms-, mehr aber noch als Beethoven-Interpretin war ihr künstlerischer Ruf zu ihrer Zeit führend. Elly Ney glaubte an die ethische Macht der Musik, die sie bis zwei Wochen vor ihrem Tod auch in ihrem hohen Alter ihrer großen Anhängerschar vielerorts immer wieder verkündete.

Die anläßlich ihres 120. Geburtstages im Jahr 2002 neuaufgelegten CDs wurden vorwiegend in ihrem letzten Lebensjahrzehnt eingespielt und sind für uns heute ein kostbares Zeugnis, hervorleuchtend aus der Reihe der großen Pianistinnen und Pianisten des vergangenen Jahrhunderts.

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Elly Ney mit ihrem »ältesten« Ur-Enkel, Februar 1968

 
An der Neuauflage der Tonaufnahmen arbeiteten auch Zeitgenossen aus ihrer engeren Umgebung wie ihre in München lebende Tochter Eleonore van Hoogstraten und ein ehemaliger Schüler mit.

Hans D. Hoffert

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