23. Oktober 2016 bis 19. Februar 2017
Clemens Sels Museum Neuss

Unter einem beziehungsreichen Motto bietet derzeit ein renommiertes, vielfach ausgezeichnetes und hoch gehandeltes Künstlerquartett internationalen Formats im Clemens Sels Museum Neuss den Stoff zu ungewöhnlichen Betrachtungen und sehr persönlichen Entdeckungen.

Geliebte Feinde – Symbolismus heute heißt die Ausstellung, die die Maler Peter Doig und Christoph Worringer sowie den Bildhauer Thomas Schütte und den Videokünstler Bjørn Melhus dergestalt miteinander verknüpft, daß die Frage, ob der Symbolismus – bekanntermaßen ein thematischer Schwerpunkt des Hauses am Neusser Obertor – nur als ein historisch abgeschlossener, zeitlich begrenzt gewesener Stil oder nicht vielmehr als eine geistige Grundeinstellung zu den Erscheinungen der Welt ist, ganz eindeutig im Sinne der letzteren Annahme zu bejahen ist:

Der Umgang mit verschlüsselten Zeichen und die Suche nach der neuen Organisation bekannter Topoi dringen heute wie vor einhundert Jahren in die Traumwelten zwischen den Realitäten ein und machen dem Betrachter schon nach kurzer Zeit deutlich, daß ein »an=sehnlicher« Symbolismus bis in unsere aktuelle Gegenwart fortlebt, ohne daß er zwangsläufig bei dem Namen der geschichtlichen Epoche genannt werden müßte.

Ein Paradebeispiel empfängt die Gäste des Clemens Sels Museums sogleich zu ebener Erde: Peter Doigs Werk ohne Titel aus dem Jahre 1982, das Elemente aus Comic und Surrealismus zu einem rätselhaften Gesamteindruck verschmilzt – der »Lonesome Rider« Lucky Luke fliegt über eine typisch amerikanische Straßenflucht (links Woolworth, rechts diverse Drugstores und parkende Autos), auf deren schimmernden Asphalt zwei schemenhafte Gestalten ihren halb-transparenten Ringkampf aufführen.

In direkter Nachbarschaft die Zombies von Thomas Schütte, die bislang nur einmal in Nürnberg sowie in den USA zu sehen waren. Sie bilden den Kontrapunkt zu den United Enemies, die der 1954 geborene Künstler schon als Stipendiat der römischen Villa Massimo geschaffen hat – die intimen Gestalten der »geliebten Feinde« aus der Modelliermasse FIMO bilden gewissermaßen die Vorstufe zu den überlebensgroßen Bronze-Skulpturen, mit denen Schütte besonders bekannt wurde.

Ein Séparée auf der zweiten Etage des Clemens Sels Museums beherbergt die Videoinstallation, mit der Bjørn Melhus auf sehr eigenwillige, suggestive Weise an Stevie Wonders Ohrwurm »Ain’t no sunshine any more« erinnert: Melhus selbst stellte die beiden Playmobil-Figuren dar, die in einer kleinen Tragikomödie ihre Entwicklung von der unbeschwerten Kindheit bis zum Erwachsensein aufführen.

Symbolträchtig sind schließlich auch Christoph Worringers Arbeiten, von denen der Magische Kubus mit seinen 27 Blättern in der gegenwärtigen Ausstellung den bei weitem größten Raum einnimmt. Dabei wehrt sich der 1976 geborene Maler und Graphiker gegen jede Einordnung: »Es ist kein Stil, den ich verfolge. Es ist eher ein Ausdruck, eine Haltung gegenüber der Welt. Als Künstler versuchen wir unsere Welt zu kreieren; den Härten der Welt entgegenzutreten, indem man eine Haltung an den Tag legt, die auf sinnlich erfahrbarer Ebene eine Orientierung im Jetzt bietet.« Und das ist ein nicht unwesentlicher Aspekt jeder Kunst: »Der Betrachter bringt sich selbst ein; seine eigenen Erfahrungen und Kenntnisse bilden die Basis für das Verständnis dessen, was er sieht.« Und deshalb wird auch jeder, der sich die Werke stellt, ganz zwangsläufig seine eigenen Vor=Stellungen gewinnen: Entscheidend ist nicht, was uns »der Künstler sagen will«, sondern was wir mit seinen oftmals recht vertrauten Symbolen und Metaphern anzufangen wissen. Von ihm kommt die Einladung, die wir nur annehmen müssen.

Die Ausstellung wird gefördert von der Kunststiftung NRW, der Jubiläumsstiftung der Sparkasse Neuss, dem Museumsverein Clemens Sels Museum und der Cary und Dan-Georg Bronner Stiftung.

Ein umfangreicher Katalog mit 124 Seiten und ein breites Veranstaltungsprogramm begleiten die Ausstellung.

Öffnungszeiten
Di–Sa 11–17 Uhr und So + Feiertag 11–18 Uhr.

Weitere Informationen
www.clemens-sels-museum-neuss.de