Albrecht Dürer: Der Aufenthalt in Ägypten (Detail)

Religiöse Darstellungen zur Zeit Martin Luthers
18.05.– 20.08.2017, Clemens Sels Museum Neuss

Bis zum 20. August wird das Grafik-Kabinett des Clemens Sels Museums Neuss wieder einmal seinem Ruf als Schatzkästchen gerecht: Albrecht Dürer, seinen Schülern und Zeitgenossen ist die aktuelle Ausstellung gewidmet, die den Blick der staunenden Besucher auf graphische Wunderwerke aus der Zeit Martin Luthers lenkt.

Der Reformator selbst könnte die Blätter gekannt haben, die eigens zum 500jährigen Reformationsjubiläum aus dem sicheren Archiv geholt wurden. Dabei kommunizieren sie zum Betrachter der Gegenwart ebenso lebendig wie vor einem halben Jahrtausend, als sie freilich neben dem visuellen Erleben auch noch wichtige Unterweisung darstellten: Da ein hoher Prozentsatz der Bevölkerung des Schreibens und Lesens unkundig war, hatte die graphische Schilderung biblischer Geschichten und Legenden begreiflicherweise einen bedeutenden Stellenwert. Durch die Anschauung ließen sich die Szenen aus dem Leben Christi und der Apostel, der Jungfrau und Gottesmutter Maria und der Heiligen gewissermaßen ganz direkt verinnerlichen.

Eine besondere Rolle spielte dabei Albrecht Dürer (1471–1528), ein Revolutionär seiner Zeit.  Er löste den Holzschnitt und den Kupferstich von seiner Funktion als Buchillustration, entwickelte beide zu selbständigen künstlerischen Medien und löste in ganz Europa eine große Nachfrage nach den Graphiken mit dem Gütesiegel AD aus.

In Italien standen diese Produkte so hoch im Kurs, dass der in Bologna ansässige Kupferstecher Marcantonio Raimondi (um 1480–um 1530) auf sie aufmerksam wurde. Er stellte insgesamt über 300 Kupferstiche nach Werken zeitgenössischer Maler sowie von Kunstwerken der Antike her und begründete damit die künstlerische Sparte der Reproduktion von Kunstwerken durch Kupferstiche.

Ab 1505 kopierte Raimondi sogar zahlreiche Graphiken Dürers, einschließlich dessen Signatur, was Dürer zu einer Reise nach Italien veranlasste, um gegen die nicht autorisierten Reproduktionen gerichtlich vorzugehen. 1506 kam es in Venedig zum ersten urheberrechtlichen Prozess der Kunstgeschichte.

Raimondi wurde nur wegen der widerrechtlichen Benutzung von Dürers Signatur, nicht aber wegen der Kopie der Holzschnitte selbst verurteilt. Dementsprechend durfte Raimondi weiterhin die Arbeiten Dürers als Kupferstiche kopieren, aber nicht mehr Dürers Monogramm in die Werke einfügen.

Die Ausstellung zeigt sowohl Holzschnitte Dürers aus dem Marienleben, die im Zeitraum von 1502 bis 1510 entstanden, als auch Kupferstiche Raimondis, die nach den Originalen Dürers angefertigt wurden. Gleiches gilt auch für Dürers umfangreichsten Zyklus, „Die kleine Holzschnittpassion“. Die aus 36 Grafiken bestehende Serie wurde erstmals 1511 veröffentlicht. Dürer beginnt den Zyklus mit der Darstellung des Sündenfalls und beschließt ihn mit der Visualisierung des Jüngsten Gerichts. Dementsprechend beinhaltet die Holzschnittfolge nicht nur die gängigen Stationen der Passion, sondern bindet auch Szenen aus dem Ersten Buch Mose und Legenden über die Jugend Christi mit ein. Anders als bei den Darstellungen des Marienlebens, die Dürer in dem realen Milieu seiner Zeit verortet, verzichtet er bei den Motiven der „Kleinen Passion“ auf die Einbindung von Detail aus dem Alltag und konzentriert die Komposition ganz auf das Hauptereignis.

Als weitere Künstler aus der Lutherzeit sind Lucas Cranach d. Ä. (1472–1553), Albrecht Altdorfer (1480–1538), Lucas van Leyden (1494–1533) und Georg Pencz (um 1500–1550) in der Ausstellung vertreten. Sie alle verdeutlichen mit ihren Grafiken die Vielfalt der religiösen Vorstellungen ihrer Zeit und belegen, aufgrund ihrer weiten Verbreitung, einmal mehr die große Bedeutung und den enormen Einfluss auf den Glauben in ihrer Zeit.

CLEMENS SELS MUSEUM NEUSS
Am Obertor, 41460 Neuss

Öffnungszeiten
Di–Sa 11–17 Uhr und So + Feiertag 11–18 Uhr..

TIPP: Jeden ersten Sonntag im Monat ist der Eintritt frei!

Weitere Informationen: www.clemens-sels-museum-neuss.de

Bildangaben:
Albrecht Dürer (1471 – 1528)
Der Aufenthalt in Ägypten, Holzschnitt, um 1504 [Detail]
Clemens Sels Museum Neuss