»Ein Himmel voller Geigen«

Lavard Skou Larsen, der Chefdirigent und künstlerische Leiter der Deutschen Kammerakademie Neuss, liebt das Experiment. Das verrät nicht nur die CD-Serie, in der er mit »seinem« Orchester und dem Pianisten Matthias Kirschnereit Georg Friedrich Händels Orgelkonzerte als moderne Variante historischer Alternativen aufnimmt: Auch die Programmgestaltung der Abonnementskonzerte, die sich bekanntermaßen eines außerordentlichen Anklangs bei den Musikfreunden der Region erfreuen, ist stets eine idiosynkratische Mischung zwischen sanktionierten Repertoirestücken und beachtenswerten Raritäten der Geschichte, denen eine gewisse Quantität an zeitgenössischer Tonkunst zusätzliche Würze und Spannung verleiht. Dank dieses weitgehend gleichbleibenden und dabei immer wieder variierten Rezepts ist es Skou Larsen während seiner nunmehr gut zehnjährigen Amtszeit gelungen, das Neusser Zeughaus fast durchweg bis auf den letzten Platz zu füllen, Berührungsängste zu nehmen und selbst mit Werken große Wirkungen zu tun, die – wie Joseph Haydns Sieben letzte Worte in der zurückliegenden Passionszeit – trotz ihrer klassischen Diktion nicht eben zu der einfachen Kost des Musiklebens gehören.

Auch in der kommenden Saison 2014/15 darf sich das Publikum auf eine Reihe gewissermaßen osmotischer Werkfolgen freuen. Wenn am 26. Oktober das erste der sechs Konzerte beginnt, wird das generelle Konzept geradezu keimhaft vorgestellt: Musik der Amerikaner John Corigliano (»Voyage«) und Michael McLean (»The Elements«) gehen dem ersten Streichsextett von Johannes Brahms vorauf, das die Deutsche Kammerakademie in einer chorischen Fassung realisieren wird: auch das eine Spezialität ihres Leiters, der an der raumgreifenden Erweiterung bekannter Kammermusiken offenbar viel Vergnügen hat – ob diese nun, wie das mit bedeutendem Erfolg eingespielte Werk des deutschen »Mystikers« Heinrich Kaminski, vom Komponisten genehmigt wurde oder eine spätere Einrichtung ist. So werden wir im dritten Abonnementskonzert am 1. Februar 2015 neben Ernest Chaussons bezauberndem Konzert für Klavier, Violine und Streichquartett das symphonisch breit angelegte Klavierquintett von César Franck mit dem Solisten Phillipe Raskin als »Konzert« hören, bevor es am 20. April im fünften Programm zu einer tatsächlichen Begegnung von mikro- und makrokosmosmischem Saitenspiel kommt: Das mit seinen sieben Jahren geradezu sensationell erfolgreiche Delian Quartett spielt zunächst das vierte Streichquartett von Dmitrij Schostakowitsch und verbündet sich dann in Edward Elgars hinreißender Kreation Introduktion und Allegro mit den Streichern der Kammerakademie, die das Konzert mit Mozarts Linzer Symphonie beschließt.

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Die Farben der Streichinstrumente dominieren auch den Abend des 23. November: Max Regers Einrichtung des Bachschen Choralvorspiels »O Mensch, bewein’ Dein’ Sünde groß« steht neben dem »ersten« Violinkonzert des dreizehnjährigen Felix Mendelssohn (Solist: Daniel Auner) und den Metamorphosen des greisen Richard Strauss. Danach wird das Ensemble im traditionellen, außerhalb der Abonnements stattfindenden Weihnachtskonzert auf klassische Stärke vergrößert, wenn der Pianist Michael Rische zwei Klavierkonzerte des Bach-Sohnes Carl Philipp Emanuel aufführt – eingerahmt von Musik des Halbbruders Johann Christian (»der Londoner«) und Joseph Haydn, für den der Berliner oder Hamburger Bach, der in diesem Jahr seinen 300. Geburtstag feiern konnte, ein großes musikalisches Vorbild war.

Außergewöhnlich sind auch die beiden noch unerwähnten Programme. Am 8. März – im 4. Abonnementskonzert – dirigiert Florian Merz einen Wiener Abend (Matinee) mit Haydns Symphonie Nr. 78 c-moll, Beethoven zweitem Klavierkonzert (Solist: Denis Schemann) und der fünften Symphonie B-dur von Franz Schubert, der dann beim Abschluß der Saison am 10. Mai 2015 als eindeutiger Protagonist gefeiert wird: Das Rondo für Violine und Orchester A-dur sowie das Konzertstück D-dur und die dritte Symphonie des unselig-seligen Österreichers begegnen der Komposition Das letzte Kapitel seines 45 Jahre alten Landsmannes Helmut Schmidinger – einem »Konzert für Violine, Sprecher, kleine Trommel und Streicher« nach Erich Kästner. Solist ist hier, wie auch in den vorherigen »Schubertiana«, der weithin bekannte Geiger Christian Altenburger. Am Pult steht Lavard Skou Larsen, der hier ein weiteres Mal eine seiner historisch-gegenwärtigen Mischungen vorstellen kann.

 

26. Oktober 2014, 18 Uhr, Zeughaus
Elements
Werke von John Corigliano, Michael McLean und Johannes Brahms
Brian Lewis, Violine
Lavard Skou Larsen, Dirigent

23. November 2014, 18 Uhr, Zeughaus
Metamorphosen
Werke von Bach-Reger, Felix Mendelssohn und Richard Strauss
Daniel Auner, Violine
Lavard Skou Larsen, Dirigent

1. Februar 2015, 11 Uhr, Zeughaus
Quintett und Orchester
Werke von Ernest Chausson und César Franck
Phillipe Raskin, Klavier
Lavard Skou Larsen, Leitung & Violine

8. März 2015, 11 Uhr, Zeughaus
Wiener Klassik
Werke von Joseph Haydn, Ludwig van Beethoven und Franz Schubert
Denis Schemann, Klavier
Florian Merz, Dirigent

20. April 2015, 18 Uhr, Zeughaus
Quartett und Orchester
Werke von Dmitri Schostakowitsch, Edward Elgar und Wolfgang Amadeus Mozart
Delian Quartett
Lavard Skou Larsen, Leitung

10. Mai 2015, 18 Uhr, Zeughaus
Schubert Soirée
Werke von Franz Schubert und Helmut Schmidinger
Christian Altenburger, Violine
Lavard Skou Larsen, Dirigent

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Weihnachtskonzert, 14. Dezember 2014, 18 Uhr, Zeughaus
⇒ außerhalb des Abonnements ⇐
Werke von Johann Christian Bach, Carl Philip Emanuel Bach und Joseph Haydn
Michael Rische, Piano
Lavard Skou Larsen, Dirigent

Wo: Zeughaus Neuss, Markt 42-44, 41460 Neuss

Tickets können an den bekannten Vorverkaufsstellen, über die west-ticket-Hotline unter 0211-27 4000 oder über das Internet unter www.deutsche-kammerakademie.de bestellt werden (zuzüglich Versandkosten). Start des Kartenvorverkaufs: 25. August 2014