Zwei Sonntags-Matineen und vier Abendveranstaltungen sowie das inzwischen längst zur Tradition gewordene Konzert zur Vorweihnachtszeit bilden auch in der Spielzeit 2015/16 das »grenzenlose …« Programm der Deutschen Kammerakademie Neuss am Rhein und ihres Chefdirigenten Lavard Skou Larsen.

Grenzenlos ist in der Tat die musikalische Auswahl, die einmal um den gesamten Globus geht und am 25. Oktober um 11.00 Uhr sogleich mit der Musik eines Mannes beginnt, für den um diese Jahreszeit Frühling zu sein pflegte: Der neuseeländische Komponist Douglas Lilburn (1915-2001) gibt mit seinen romantischen Vier Canzonen für Streichorchester aus dem Jahre 1941 den Auftakt zu einem Morgen, an dem als nächstes die »große« g-moll-Symphonie KV 550 von Wolfgang Amadeus Mozart und die Symphonie Nr. 7 in E-dur von Anton Bruckner erklingen wird – letztere in einer Bearbeitung für Kammerorchester, für die drei Schüler von Arnold Schönberg verantwortlich zeichneten.

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Österreich dominiert am Sonntag, den 22. November, ab 18.00 Uhr das zweite Abonnementkonzert, das man vielleicht als »Salzburg Connection« überschreiben könnte, wenn nicht auch der grenzenlos erfindungsreiche Brasilianer Heitor Villa-Lobos sich auf dem Programm fände: Seine Ciranda das sete notas, ein instrumentaler Tanz über »sieben Noten«, wird von dem Fagottisten Afonso Venturieri zur Streicherbegleitung der Kammerakademie getanzt, nachdem der Solist zuvor bereits das schnurrige Fagottkonzert des 18-jährigen Wolfgang Amadeus Mozart gespielt hat. Zwei Symphonien des salzburgischen Michael Haydn, mit dessen Musik sich das Orchester seit vielen Jahren auch auf Tonträgern beschäftigt, umrahmen die beiden gegensätzliche Capricen.

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Die zweite Sonntagsmatinee der Saison findet am 21. Februar statt und führt nach dem neoklassizistischen Concerto grosso für Streicher des aus Italien stammenden US-Amerikaners Vittorio Giannini (1903-1966) direkt zu einem Künstler, dessen Namensnennung allein in die Füße geht: Astor Piazzolla, der unerreichte Erfinder und wahre Meister des »Tango Nuevo«, ist mit einer seiner klassisch geformten Kompositionen zu hören – seinem Konzert für Bandoneon, Schlagzeug und Streicher aus dem Jahre 1979, das freilich in keinem Augenblick die unverwechselbare Rhythmik und Melodik des Mannes aus Buenos Aires verleugnet. Solist des Werkes ist der urugayische Bandoneon-Virtuose Héctor Ulises Passarella, der am Ende des Programms noch einmal aufs Podium tritt, um seine eigene Suite Rioplatense zu spielen. Auf diesen zweiten, wiederum höchst anspruchsvollen Auftritt kann er sich während der Pause und des Konzertes für Streicher op. 53 vorbereiten, das der für seine Experimentierfreudigkeit bekannte Argentinier Alberto Ginastera 1966 geschrieben hat.

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Mit einem Concerto for strings des finnischen Komponisten Pehr Henrik Nordgren (1944-2008) beginnt am 13. März 2016 um 18.00 Uhr das vierte Abonnementkonzert, das im Anschluss von Skandinavien auf direktem Wege in die preußische Hauptstadt des 18. Jahrhunderts, genauer: an den Hof Friedrichs des Großen führt. Hier wirkte als Konzertmeister der böhmische Musiker Franz Benda, der seinem hohen Herrn, einem bekanntlich enthusiastischen Liebhaber des Flötenspiels, manch hübsches Konzert zu liefern die Ehre hatte. Dazu gehört ein solches in e-moll, das Julien Beaudiment und die Deutsche Kammerakademie unter der Leitung von Lavard Skou Larsen mit derselben beweglichen Grazie darbieten werden wie danach das C-dur-Konzert aus dem 1737 gedruckten Opus 7 des Franzosen Jean-Marie Leclair (1697-1764). Die Symphonie B-dur KV 319, die Wolfgang Amadeus Mozart im Jahre 1779, einige Monate nach der Rückkehr von seinem unglückseligen Pariser Abenteuer, in Salzburg komponierte, setzt dem vornehmlich heiteren Abend die lebensfrohe Krone auf.

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Für den Schweizer Othmar Schoeck (1886-1957) musste wohl die Zeit stillgestanden haben, als er 1945 sein »pastorales Intermezzo« namens Sommernacht nach dem gleichnamigen Gedicht seines romantischen Landsmannes Gottfried Keller komponierte: Reinster, schwelgerischer Jugendstil umfängt die Hörer(innen) in den ersten Minuten des fünften Abonnementkonzertes am 17. April, ehe sich das Bild allmählich tänzerisch belebt und in den Bässen wie leises, fernes Gewitter grollt, das aber gegen die herrlichen Bögen des wunderbaren Liedkomponisten keine Chance hat. Zeitlos wie dieses schillernde Idyll ist das Schluss-Stück des Programms – die Simple Symphony op. 4 von Benjamin Britten, eines der beliebtesten Konzertstücke des Engländers, der bei der Komposition gerade einmal volljährig wurde und mit der frechen, mal neoklassizistisch, mal folkloristisch sprudelnden Musik nicht seinen ersten Haupttreffer landete. Im Zentrum des Abends stehen zwei extrem gegensätzliche Werke für zwei Klaviere und Streichorchester: Johann Sebastian Bachs »immergrünes« Doppelkonzert C-dur BWV 1061 aus den Leipziger Jahren sowie die Hommage à Paul Klee des Ungarn Sándor Veress (1907-1992), der 1951 mit modernen musikalischen Mitteln sieben Bilder des geistreichen Malers und Graphikers betrachtete, darunter den tiefsinnigen »Alten Klang«, der hinter seiner äußeren Abstraktion selbst reinste Musik offenbart. Die Solistinnen des Abends sind die Schwestern Anaït und Armine Sogomonyan, die als Duo Darius Milhaud allenthalben für Aufmerksamkeit sorgen. Die musikalische Leitung liegt in den Händen des Gastdirigenten Nicolas Chalvin.

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Zum Abschluss der Saison am 22. Mai 2016 rüstet sich die Deutsche Kammerakademie für die große Symphonik. Den Auftakt bildet die Ouvertüre zu Goethes Trauerspiel Egmont, in der sich Ludwig van Beethoven in seiner triumphalen Manier auf die Seite der Hoffnung schlägt: wenn er nach der »Enthauptung« des tragischen Helden in die »Siegessymphonie« übergeht, die am Schluss des Schauspiels noch einmal zu hören ist. Darauf folgt ein Frühwerk des romantischen Hitzkopfes Hector Berlioz: die lyrische Szene Der Tod der Kleopatra für Sopran und Orchester, mit der der widerborstige Absolvent des Pariser Conservatoire den Rompreis gewinnen wollte. Die französische Sopranistin Hjördis Thébault gestaltet den vokalen Solopart der Musik, die einst den biederen Juroren die Haare zu Berge stehen ließen, weil sie sich vor solch packenden Gefühlsausbrüchen fürchteten. – Mit der ersten Symphonie c-moll op. 68 von Johannes Brahms endet die Saison 2015/16 der Deutschen Kammerakademie, die in diesem Meisterwerk noch einmal sämtliche Register ihres Könnens ziehen darf.

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Das Programm des vorweihnachtlichen Sonderkonzerts, das am 6. Dezember ab 18.00 Uhr im Neusser Zeughaus stattfinden wird, spricht für sich: Zunächst erklingt das Konzert für zwei Violinen und Streicher d-moll von Johann Sebastian Bach, und dann gibt es – Die vier Jahreszeiten von Antonio Vivaldi. Lavard Skou Larsen, der im ersten Werk des Abends eines der beiden Soli übernimmt, ist es gelungen, eine geigerische Legende nach Neuss zu holen: Liana Issakadse, die große georgische Künstlerin, die ein halbes Jahr vor ihrem siebzigsten Geburtstag gleich ein ganzes Bukett an barocken Concerti interpretiert.

Die Termine:

25. Oktober 2015, 11 Uhr
»Klangzauber aus drei Jahrhunderten“
Werke von Douglas Lilburn, Wolfgang Amadeus Mozart und Anton Bruckner
Leitung: Lavard Skou Larsen

22. November 2015, 18 Uhr
»Mehr als Klassik!«
Werke von Michael Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Heitor Villa-Lobos
Afonso Venturieri, Fagott
Leitung: Lavard Skou Larsen

21. Februar 2016, 11 Uhr
»Reisen in die Neue Welt«
Werke von Vittorio Giannini, Astor Piazzolla, Alberto Ginastera und Héctor Ulises Passarella
Héctor Ulises Passarella, Bandoneon
Leitung: Lavard Skou Larsen

13. März 2016, 18 Uhr, Zeughaus Neuss
»Tänzerisch«
Werke von Pehr Henrik Nordgren, Franz Benda, Jean Marie Leclair und Wolfgang Amadeus Mozart
Julien Beaudiment, Flöte
Leitung: Lavard Skou Larsen

17. April 2016, 18 Uhr, Zeughaus Neuss
»Klang und Farbenpracht«
Werke von Othmar Schoeck, Johann S. Bach, Sándor Veress und Benjamin Britten
Piano Duo Darius Milhaud
Leitung: Nicolas Chalvin

22. Mai 2016, 18 Uhr, Zeughaus Neuss
»Mord und Trauer«
Werke von Ludwig van Beethoven, Hector Berlioz und Johannes Brahms
Hjördis Thébault, Sopran
Leitung: Lavard Skou Larsen

(außerhalb des Abonnement)
6. Dezember 2015, 18 Uhr, Zeughaus Neuss
»Weihnachtskonzert mit einer Jahrhundertgeigerin«
Werke von Johann Sebastian Bach und Antonio Vivaldi
Liana Issakadze, Violine
Leitung und Violine: Lavard Skou Larsen

Wo: Zeughaus Neuss, Markt 42-44, 41460 Neuss

Abonnements können bis zum 14.08.2015 bestellt werden. Einzelkarten können an den bekannten Vorverkaufsstellen, über die Karten-Hotline unter 02131-5269 9999 oder über das Internet unter www.deutsche-kammerakademie.de bestellt werden (zuzüglich Versandkosten).